Gedanken zur Pfarrwallfahrt

Pater Martin hat seine Gedanken zur Pfarrwallfahrt übermittelt

Pater Martin Wir Menschen sind auf dem Weg durch die uns gewährte Zeit dieses Lebens. Sind wir da Wanderer ohne ein Ziel und Fragende ohne Antworten?

Das Pilgern ist ein „Sinn-Bild“, ohne den Sinn im Bild in Worte fassen zu können. Doch es macht uns den „Grund“ des Lebens bewusst. Viele suchen und fragen heute danach und entdecken unter anderem neu den alten Jakobsweg in dessen Bedeutung. Auf ihm kommen viele dem „tiefer Sinnigen“ auf die Spur. Warum nicht gemeinsam ein solches Zeichen setzen, ein solches „Sinnbild“ geben? Kann eine so kleine und doch noch immer selbständige Pfarre wie Etzen darin spontan seine Lebendigkeit und Aktualität erweisen?

Weshalb hat meine Idee vor dreißig Jahren, statt eines üblichen Ausflugs des Teams und der Ministranten der Krankenhausseelsorge, eine Fußwallfahrt nach Maria Taferl anzutreten, bis heute überlebt? Aus ihren Reihen von einst und jetzt begegnen in Freundschaft, die in solch gemeinsamen Tagen Gutes erleben und einander erweisen, und sei es in noch so kleinen Taten. Um sich als immer größer gewordene Familie jährlich zu treffen, ist die Vorfreude auf das nächste Wiedersehen groß.

Auch unsere Gemeinschaft um Jesu Altar in Etzen darf ein Netz sein, einer „Kirche Schiff“, um all die Menschen aufzufangen und (im wahrsten Sinn des Wortes) mitzunehmen, die sich davon angesprochen und eingeladen fühlen. Übrigens, in lateinischer Sprache heißt „einladen“: „invitare“, wörtlich: in das Leben hineinnehmen und (her)einlassen!

Eine erstaunliche Zahl, jung und alt, ließ sich am Sonntag, dem 19. Juni, auf solch ein Abenteuer ein, das die Wirklichkeit des Lebens bezeichnet. Und ich habe diese Einladung dazu gewagt, ohne ein Gelingen des Tages erzwingen zu können. Wie im Leben gab es verschiedene Möglichkeiten: alles zu Fuß zu pilgern, ein Stück des Weges miteinander zu gehen, mit dem Bus zu (wall)fahren, selbständig zu reisen …

Gemeinsames GebetWir kamen durch kräftige Regenschauer zu einer Stätte, wo der bewölkte Himmel es letztlich gut mit uns meinte. Die Eltern eines jungen Mönches haben uns im Vierkanter Gottes empfangen, etwas von dessen Schätzen sehen, von dessen Geschichte hören lassen. Das Mittagessen war wie an selten gewordenen Sonntagen in einer Familie: Gemeinsam an Tischen zu sitzen, zu speisen und zu trinken, ohne Hast, heiter und gemütlich, sich in Gesprächen auszutauschen. Für die einen waren es dann die an das Paradies erinnernden Gärten, die durch Menschen gepflegte Natur zu erleben, für die anderen das Wandern („Wallen“) in derselben, sogar trockenen Fußes 🙂 , obgleich auf dem Asphalt der Straße, der das (nicht eingetretene) „Zu-Hilfe-Kommen“ im Notfall erleichtern sollte.  „In sich gehen“, ohne religiös bedrängt zu werden, und zugleich „miteinander unterwegs sein“, ohne den anderen auf die Nerven zu gehen 🙂 , dies ward zu einem Erlebnis, das gewiss nachwirken wird, wie Wellen, die sich in immer größeren Kreisen ausbreiten …

Und der Berg, der in die Weite des Landes blicken und den Rhythmus der pilgernd vorangegangenen und nach uns noch kommenden Generationen erahnen und bestaunen lässt, dieser Sonntagberg hat uns alle wieder frohen und guten Mutes geeint, zusammengeführt. Wie uns da Pater Franz mit dem Bildnis des Gnadenstuhls willkommen geheißen und als ansehnliche Schar durch die Pforte im Jahr der Barmherzigkeit einziehen ließ, wie die Feier einer schlichten heiligen Messe zu einem wahrhaftigen „Gipfelerlebnis“ dieses Tages werden kann, wird vermutlich nicht nur mir unvergesslich bleiben!

Ich habe gern meine Hände ausgestreckt, jede und jeden, wer will, mitzunehmen auf der großen Reise des Lebens in einem kleinen Schritt dieses (Sonn)Tags. Statt viel zu geben, bin ich überreich beschenkt worden, auch durch die Herzlichkeit eines Händedrucks, eines Augen-Blicks, eines spontanen Lächelns, eines guten Wortes. Ich danke euch allen für dieses wunderbare Miteinander, das uns (über)leben und Hoffnung geben lässt, und Ihm, zu dem wir immer noch suchend und fragend, betend und einander helfend und umsorgend unterwegs sind! Er heißt und ist Gemeinsamkeit in Liebe, und wir – ein winziges und doch wertvolles Abbild von Ihm …

Pater Martin
Es gibt weitere Bilder in der Fotosammlung (Gesamtstecke) …
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