Frei nach Prokopetz: I steh im Reg'n und wort af an Dokta, owa der kummt net, kummt net ...

Ernüchternd und enttäuschend

Man lässt uns mit unserem Ärzteproblem ziemlich allein im Regen stehen.
Heute (16.10.) kam eine Stellungnahme von Nationalrat Lukas Brandweiner

Mein Brief betreffend unseren Ärztenotstand hat – leider fast erwartungsgemäß – bei den öffentlichen Stellen und der Politik nicht zu sehr viel Echo geführt. Die größte Reaktion war sicherlich die von Christine Binder aus Ober Neustift gestartete Unterschriftenaktion. Die wurde sehr positiv angenommen und es wurde auch fleißig unterschrieben.

Wie angekündigt, veröffentliche ich die offiziellen Reaktionen:

Über die Reaktion der Gemeinde wurde bereits in einem eigenen Artikel berichtet …

Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner (ÖVP) hat sich dieses Themas nicht direkt angenommen und zur Antwort das Büro von Landesrat Schleritzko beauftragt !

Wir bedanken uns für die Übermittlung Ihres Anliegens!
Bezugnehmend auf Ihren Brief, erlaube ich mir Ihnen  im Auftrag von Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner die Rückmeldung zu geben, dass wir derzeit intensive Gespräche mit den zuständigen Stellen führen, um die Situation der Gesundheitsversorgung im niedergelassenen Bereich zu verbessern.
Diese ist derzeit mit großen Herausforderungen konfrontiert.
Dementsprechend finden auf allen Ebenen Gespräche statt, sowohl mit der ÖGK als auch der Ärztekammer und landesintern.

Aus dem Büro von Landesrätin Königsberger-Ludwig (SPÖ) kam folgendes Mail: (Zuständig sind die anderen…)

Im Auftrag von Frau Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig darf ich mich für Ihre E-Mail und Ihr Schreiben bedanken, muss Ihnen aber auch gleichzeitig mitteilen, dass hier keine Zuständigkeit der Frau Landesrätin gegeben ist. Für den Stellenplan (Kassenplanstellen) sind die Ärztekammer NÖ und die ÖGK und für den RSG – Zielsteuerung (Regionaler Strukturplan Gesundheit), PVZ (Primärversorgungszentren) etc. ist Landesrat Mag. Dr. Christoph Luisser zuständig.
Die Frau Landesrätin ist aber stets bemüht, auf die prekäre Situation in manchen Regionen und Gemeinden aufmerksam zu machen und wird dies auch weiterhin bei den zuständigen Stellen ansprechen. Die Bemühungen müssen weitergehen, denn unser Ziel ist es in jedem Fall das solidarische Gesundheitssystem zu stärken.

Eine ehrliche Antwort kam von LAbg. Franz Mold: (ÖVP)

Ich habe dein Schreiben zum sehr wichtigen Thema Praktische Ärzte erhalten, wir haben auch heute bei der Klubsitzung im Landtag über dieses Thema wieder diskutiert.
Diese Problematik beschäftigt uns ja in vielen Gemeinden so auch in Zwettl, die Ursachen für diese Situation sind aber sehr unterschiedlich.
Wir, die politischen Mandatare bemühen uns zwar alle um Lösungen ich kann dir aber kurzfristig keine Hoffnung machen, dass sich die Situation rasch zum besseren wenden wird.

LAbg. Silvia Moser von den Grünen hat – nach Erstveröffentlichung dieses Beitrages – auch geantwortet:

Danke für Ihre Mail! Die Hausarzt-Situation in Gr. Gerungs ist sehr schlimm und es ist gut nachvollziehbar, dass Sie und die Menschen aus Gr. Gerungs enttäuscht und wütend sind!
Ich antworte Ihnen deswegen so spät, weil ich nicht weiß, wie ich Ihnen Hoffnung machen könnte. Leere Floskeln schreibe ich nicht.
Ich kann Ihnen lediglich zusagen, mich überall dort, wo ich Möglichkeiten habe, für Sie und Gr. Gerungs einzusetzen. Die gleiche Situation gibt es leider in einigen Gemeinden und die Altersstruktur der Hausärztinnen und Hausärzte verschärft das Problem.
Leider wurde die miese Entwicklung der Versorgung durch Ärzte, sei es im niedergelassenen Bereich oder in den Krankenhäusern, über Jahre und wahrscheinlich Jahrzehnte nicht wahrgenommen und verschlafen. Die Ärztekrise fällt ja nicht vom Himmel, sondern ist „hausgemacht“. Grundsätzlich ist die Ärztinnendichte in Österreich sehr hoch.
Eigenartige und unrealistische Versprechungen wie die „Landarztgarantie“ haben dem Problem mehr geschadet als genutzt.
Was es braucht ist eine große Reform an der alle Beteiligten – Sozialversicherungen, Ärztekammer, Länder, Bund, … – endlich wieder an einem Strang ziehen und die Eigeninteressen zurückstellen. Unabhängig davon halte ich z.B. viel davon, Anstellungsverhältnisse für Hausärztinnen und -ärzte zu schaffen und sie somit von dem riesigen Abrechnungs- und Verwaltungsapparat zu entlasten. Da wäre auch Teilzeit leichter möglich, Vertretung im Krankheitsfall, …
Das Engagement von Gemeinden ist natürlich zu begrüßen, es darf aber nicht in einen Wettbewerb ausarten im Sinn von: wer stellt die größere, schönere Ordination zur Verfügung, dazu günstigen Baugrund oder gratis Wohnung, etc. Davor kann ich nur warnen.
Hoffentlich werden die verantwortlichen Entscheidungsträger bald die nötigen Reformen angehen.
Ich werde selbstverständlich Ihre Anliegen unterstützen und verbleibe

Mittlerweile hat auch Stadtrat Kolja Deibler-Kub (SPÖ) eine Stellungnahme übermittelt:

Nachdem das brennende Thema, des Ärztemangels nun auch in Groß Gerungs eskaliert, bin ich sehr froh, dass ihr hier den Finger in die Wunde legt. Danke, für euer Engagement und die Energie aufzustehen und konkret aktiv zu werden.
In der Petition werden viele Punkte treffend thematisiert und laut angesprochen.
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass die verantwortlichen Stellen sich wieder bewusst machen, dass ein solidarisches Gesundheitssystem nicht von alleine läuft. Leider wurden in der Vergangenheit viele Maßnahmen verabsäumt, die ein ehemals hervorragendes Gesundheitssystem intakt halten können. Nun spüren wir die Auswirkungen am eigenen Leib. Der Wildwuchs von WahlärztInnen bestätigt eines eurer Argumente. Klarerweise kann ein Gemeindepolitiker nicht allein die Auswirkungen eines maroden Gesundheitssystem ändern, aber selbstverständlich darf man nicht locker lassen.
Aus meiner Sicht kann man auf Gemeindeebene aber die Attraktivität des Standortes fördern. Gesamtkonzepte die Städteplanung, Infrastruktur, Gemeindeleben, Verkehr, Kunst, Kultur, Kinderbetreuung, Bildung und vieles mehr enthalten, würden hierbei enorm helfen. Landleben muss für mehr Menschen und Berufsgruppen attraktiver werden. Das ist für mich ein Leistungsbeitrag, den wir als Gemeinde innerhalb unserer Zuständigkeit erbringen können – dann werden sich unter anderem auch wieder MedizinerInnen in unserer lebenswerten Stadtgemeinde ansiedeln. Gute Arbeits- und Lebensbedingungen sind oft überzeugender als allein die finanzielle Abgeltung. Die SPÖ Groß Gerungs und ich sind jederzeit für Unterstützung und Aktivitäten zu haben.
Die Unterschriftenliste erlaube ich mir, ebenfalls zu unterschreiben, im Bekanntenkreis weiterzuverbreiten und im Geschäft meiner Gattin, GLÜCKSTOFF Groß Gerungs, aufzulegen.

Die NÖ Ärztekammer hat mit einem Brief geantwortet.

Kernaussage dazu: Schuld sind andere. Hier der Link dazu …
Die darin angeführte Petition kann hier unterzeichnet werden …

Die Stadtgemeinde Groß Gerungs

ruft auf ihrer Webseite ebenfalls zur Unterstützung der Unterschriftenaktion auf und bringt die Listen über die Ortsbesorger in Umlauf!

Die NÖN hat mittlerweile einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht ...

Auch die Bezirksblätter brachten einen Artikel darüber …

Aufgrund eines Anwortschreibens an Bgm. Laister vom 25.09.2023 fiel auch für uns eine kleine Wortspende von Landesrat Luisser (FPÖ) ab:

Vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir sind nach besten Kräften bemüht, die Versorgung zu verbessern, jedoch sind unsere Handlungsmöglichkeiten äußerst eingeschränkt. (Zuständig sind andere!)
Im Anhang finden Sie noch ein längeres Schreiben ….. (Antwort an Bgm. Laister)

Von Nationalrat Lukas Brandweiner kam am 16. Oktober folgendes Email:

Nachdem ich von einigen Gemeindebürgern angesprochen wurde, warum ich nichts gegen das Ärzteproblem in Groß Gerungs unternehme und warum mir das „egal sei“ war ich doch sehr verwundert. Auslöser war ein Bericht auf Etzen Live, in dem steht, dass es keine Reaktion vor mir gibt und vermittelt wird, dass mich die „Probleme des kleinen Mannes und der kleinen Frau“  nicht interessieren. Daraufhin habe ich den Herausgeber Jahn Rudi kontaktiert und er hat mich um eine offizielle Stellungnahme gebeten. Dieser Bitte komme ich natürlich gerne nach.
Grundsätzlich bin ich mit Bürgermeister Christian Laister und den Mitverantwortlichen in enger Abstimmung und es gibt auch ausführliche Reaktionen auf die aktuelle Situation. Aber ich fasse es gerne noch einmal aus meiner Sicht zusammen:
Als uns Dr. Pesendorfer informiert hat, dass er Groß Gerungs verlassen möchte, haben wir sofort begonnen intensive Gespräche auf allen Ebenen zu führen, um möglichst schnell einen Ersatz zu finden. Nachdem die Ordinationsräumlichkeiten nicht mehr den heutigen Vorstellungen entsprechen, haben wir die Möglichkeit genutzt und das Volksbankgebäude am Hauptplatz erworben. Hier soll ein Gesundheitszentrum entstehen, in dem neben praktischen Ärzten auch andere Mediziner und Therapeuten ihre Dienste anbieten können. Eines muss ich an dieser Stelle aber festhalten: Von unseren Ärzten hat es bisher immer geheißen, dass sie mit den aktuellen Räumlichkeiten grundsätzlich zufrieden sind. Daher war die Notwendigkeit von einer neuen Praxis nicht gegeben. Über diverse Medienberichte und unsere Kanäle auf den sozialen Medien ist es uns gelungen über die Gemeindegrenzen hinweg auf die offene Stelle aufmerksam zu machen. Allerdings bisher leider ohne Erfolg.
Dass uns mit Frau Dr. Prieschl eine zweite Ärztin Richtung einer Ordination mit Hausapotheke verlässt, hat mich aufgrund der Vorgespräche verwundert. Dadurch hat sich die Situation für unsere Gemeindebürger leider deutlich verschärft und wir haben wieder sofort reagiert. Gemeinsam mit Bürgermeister, Vizebürgermeister und den Stadträten haben wir unser Problem teilweise persönlich und schriftlich an alle politischen Verantwortungsträge aller Parteien und die zuständigen Institutionen (ÖGK und Ärztekammer) gesendet und quasi einen Hilfeschrei abgesetzt. Verstärkt habe ich diesen bei einem persönlichen Termin bei der ÖGK in St. Pölten. Der Blick auf Niederösterreich zeigt deutlich, dass die Situation bei uns in Groß Gerungs besonders dramatisch ist. Von insgesamt 17 unbesetzten Stellen (Allgemeinmedizin) in ganz Niederösterreich befinden sich 2 in Groß Gerungs. Daher habe ich deutlich gemacht, dass wir hier dringend Unterstützung benötigen.
Selbstverständlich habe ich auch die Unterschriftenliste von Christine Binder bereits unterzeichnet und sammle als Ortsbesorger auch selbst noch Unterstützer. An dieser Stelle darf ich mich für dieses persönliche Engagement und allen Unterstützern auch bedanken. Besonders bedanken möchte ich mich bei Frau Dr. Alexandra Lieb, ihren Mitarbeiterinnen und allen Medizinern in den Nachbargemeinden, die mithelfen, die medizinische Grundversorgung aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig bitte ich alle Patienten um Verständnis und vor allem Geduld in dieser außergewöhnlichen Situation.
Sie können sich darauf verlassen, dass ich mich auf allen Ebenen weiter für eine Verbesserung der aktuellen Situation einsetze. Auch wenn es mehr als schwierig ist, bleibe ich optimistisch und bedanke mich bei allen, die konstruktiv mithelfen, allen voran bei Bürgermeister Christian Laister.
Bleiben Sie gesund!

Anmerkung:
Mich erreichte einige Tage zuvor ein Email von NR Brandweiner, in dem er mir vorwarf, ich würde ihm unterstellen, er bliebe auf dem Gebiet unseres Ärzteproblems untätig. Das musste ich zurückweisen, meine Auflistung bezog sich zu jedem Zeitpunkt nur darauf, wer nicht auf meine Emails reagiert hat, nicht auf die jeweilige politische Arbeit.
Eine direkte Antwort hätte ich mir eigentlich nur von Landeshauptfrau Mikl-Leitner erwartet. Direkt um Stellungnahmen gebeten habe ich niemand, die Reaktionen erfolgten aus eigenem Antrieb.

  • Gesundheitsminister Johannes Rauch (GRÜNE) – keine Reaktion
  • 2. Landtagspräsident Gottfried Waldhäusl (FPÖ) – keine Reaktion
  • LAbg. Indra Collini (NEOS) – keine Reaktion
  • Stadtrat Hannes Eschelmüller (FPÖ) – keine Reaktion
  • Österreichische Gesundheitskasse – keine Reaktion
  • NÖ Apothekerkammer – keine Reaktion

So meine Lieben sieht es aus, wenn der “kleine Mann bzw. die kleine Frau” Probleme hat! Man fühlt sich da sehr gut aufgehoben bei unseren Vertretern (Achtung: Satire!)
Ich habe ja nicht erwartet, dass jetzt sofort ein Arzt nach Groß Gerungs auf den Weg geschickt wird, aber ein derartiges Desinteresse an Grundbedürfnissen der Bevölkerung hätte ich mir auch nicht träumen lassen. (Nach der Veröffentlichung dieses Beitrages wurden noch einige Stellungnahmen nachgereicht!) Meine naive Hoffnung war es, dass von den öffentlichen Stellen kurzfristig Gelder für akut betroffene Gemeinden zur Verfügung gestellt werden könnten, womit man Praktischen Ärzten den Dienst am Land schmackhaft machen könnte. Dass die offiziellen Tarife der ÖGK für niedergelassene Ärzte kein Lockmittel darstellen, weiß mittlerweile ja schon beinahe jedes Kind!

Ausdrücklich distanzieren möchte ich mich aber von jeglicher Polemik, die jetzt wieder gegen die Stadtgemeinde Groß Gerungs vorgebracht wird. Ich habe mittlerweile den Eindruck, die Gemeinde in Person von Bürgermeister Laister ist mehr oder weniger die einzige Stelle, die um Ärzte für unsere Bevölkerung kämpft. Darauf sollten die Kräfte konzentriert werden, nicht in kleinliches Hick-Hack.

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